Saraha – Unterweisung des Königs

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Geschichtlicher Hintergrund

Saraha war ein einflussreicher tantrischer Mystiker des indischen Buddhismus aus dem achten Jahrhundert, der seine spirituelle Verwirklichung in mystischen Liedern (Dohās) zum Ausdruck brachte. Sarahas poetische Verse machten das Vajrayāna einem breiten Publikum Indiens zugänglich und dienten in Tibet als Grundlage für die Darstellung von Mahāmudrā, der Meditation über die Natur des Geistes.

 

Sein Name bedeutet soviel wie „derjenige, der den Pfeil geschossen hat“ – deswegen wird er häufig mit einem Pfeil dargestellt. Metaphorisch gesehen verkörpert sein Name denjenigen, der den Pfeil der Nicht-Dualität in das Herz der Dualität geschossen hat.

Die Unterweisung des Königs

    Ich verneige mich vor dem edlen Manjushri.
    Ich verneige mich vor dem, der das Endliche besiegt hat.
    So, wie stilles Wasser, gepeitscht vom Wind zu Wellen und Brechern wird,
    so denkt der König vieles über Saraha,
    Und doch ist dieser nur ein Mann

     

    Einem blinzelnden Idioten kommt ein Licht vor wie zwei
    Sind Seher und Gesehenes nicht zwei, verlieren beide ihre Dinglichkeit.
    Obwohl im Haus die Lichter brennen, lebt der Blinde im Dunkeln weiter.
    Obwohl das Spontane allgegenwärtig und nah ist, bleibt es dem Irrenden ständig fern.

     

    Es mag viele Flüsse geben, im Meer sind sie alle eins.
    Es mag viele Lügen geben, die eine Wahrheit wird alle besiegen.
    Wenn die Sonne aufgeht, weicht das Dunkel, und sei es noch so tief.
    So wie die Wolke aus dem Ozean steigt, und von der Erde aufgenommen wird als Regen,
    so bleiben Meer und Himmel immer gleich, und nehmen weder zu noch ab.

     

    Das gleiche gilt für alle sinnbegabten Wesen:
    sie werden aus dem einmaligen Spontanen geboren,
    das überfließt von der Vollkommenheit Buddhas
    Und im Spontanen kommen sie wieder zur Ruhe;
    Doch ist es weder Stoff noch Geist.

     

    Diejenigen, die andere Wege gehen, lassen das wahre Glück im Stich
    und suchen den Genuss im Rausch.
    Der Honig in ihrem Munde ist so nah,
    doch er verschwindet, wenn er nicht sofort getrunken wird.

     

    Tiere verstehen nicht, welch trüber Ort die Welt ist;
    anders die Weisen, die den Himmels- Nektar trinken,
    während die Tiere nach dem Sinnlichen dürsten.
    Die Fliege liebt den Aasgeruch;
    Für sie ist Sandelduft Gestank.
    Wer das Nirvana leugnet,
    begehrt den Schmutz des Samsara.

     

    Wie die mit Wasser gefüllten Fußstapfen eines Ochsen sehr bald austrocknen,
    so werden dem fest entschlossenen Verstand, trotz vieler Schwächen,
    seine Unvollkommenheiten mit der Zeit verschwinden.