Die Avadhuta Gita (Sanskrit), Gesang” (Gita) eines Unbekleideten (Avadhuta), ist eine der wichtigsten Schriften des Advaita Vedanta. Die Avadhuta Gita ist eine Unterhaltung zwischen dem Weisen Dattatreya und Skanda über die höchste Verwirklichungsstufe eines lebendig Befreiten.
Die Avadhuta Gita wendet sich an die am weitesten fortgeschrittenen, spirituellen Aspiranten, die ihre Herzen mit der Praxis der spirituellen Disziplinen gereinigt haben.
Übersetzung aus dem Englischen: Manik Reuters
Der Wunsch nach Einheit ist eine Gnade Gottes.
Er gewährt sie dem Suchenden, um ihn vom Nichtwissen zum Wissen zu führen.
Wie soll ich ihm entgegentreten, dem formlosen, unveränderlichen, unteilbaren Brahman,
das alles durchdringt und von allem durchdrungen ist?
Das aus den fünf Elementen bestehende Universum ist ein Wunder.
Wem soll ich Makelloser meine Verehrung darbringen?
Wahrlich, alles ist das Selbst. Unterscheidung und Nichtunterscheidung gibt es nicht.
Wie kann ich sagen ‚Es ist‘ oder ‚Es ist nicht‘?
Wie verwirrt ich doch bin.
Die Essenz des Vedantas ist Wissen,
Höchstes Wissen, dass ich und das alles durchdringende Brahman eins sind.
Kein Zweifel, ich bin Brahman, das als mein Selbst in mir weilt.
Rein, klar, makellos und unteilbar ist es, wie der Himmel.
Wahrlich, unveränderlich bin ich, unbegrenzt, reines Bewusstsein.
Wie können Freude und Leid bestehen?
Mein Geist kennt weder Gut noch Böse.
Mein Körper kennt weder Gut noch Böse.
Meine Worte sind weder Gut noch Böse.
Ich bin der reine Nektar des Wissens, jenseits der Sinne.
Der Geist ist dem Raum gleich.
Der Geist ist vielschichtig.
Der Geist ist Vergangenheit.
Der Geist ist alles.
Jedoch, in Wirklichkeit gibt es keinen Geist.
Ich, der Eine, bin all das.
Jenseits von Raum und Zeit.
Wie könnte Brahman erkennbar oder verborgen sein?
Warum erkennst du nicht, dass du das unveränderliche Eine bist, das in allem zu erkennen ist?
Wie kannst du, ewig Strahlender, an Tag und Nacht denken?
Brahman ist allgegenwärtig,
Eines ohne ein Zweites.
Ich bin der Meditierende und die Meditation.
Teile das Unteilbare nicht.
Weder wirst du geboren noch stirbst du.
Zu keiner Zeit hast du einen Körper.
Die Schriften lehren auf vielfältige Weise die Maxime ‚Alles ist Brahman‘.
Du bist das, es ist in dir und außerhalb von dir.
Du bist überall und zu jeder Zeit der Glückselige.
Warum rennst du herum wie ein Dummkopf?
Weder bin ich von dir, noch bist du von mir getrennt.
Es gibt kein du, kein ich, kein Universum.
Alles ist Brahman allein.
Du bist nicht die Sinne, die Sinne sind nicht du.
Du bist höchstes Bewusstsein.
Warum leidest du?
Es gibt weder Geburt noch Tod, weder Bindung noch Befreiung, weder Gut noch Böse.
Warum vergießt du Tränen?
Weder ich noch du haben Name und Form.
Oh Geist, warum lässt du dich täuschen?
Das Selbst ist unteilbar.
Hafte an nichts an und werde froh.
Du bist wirklich, unveränderlich, unbewegt und ungebunden.
Du kennst weder Zuneigung noch Abneigung.
Warum leidest du durch Sinnesobjekte?
Die Schriften lehren, dass die Wirklichkeit eigenschaftslos ist.
Makellos, unveränderlich, körperlos und überall seiend. Wisse, ich bin Das.
Wisse, was Form hat ist nicht wirklich.
Was keine Form hat ist wirklich, weil ewig.
Diese Erkenntnis macht eine weitere Geburt in diese Welt nichtig.
Die Weisen lehren, dass es nur eine Wirklichkeit gibt.
Durch frei sein von Anhaftung kommt der unstete Geist zur Ruhe.
Wie kann es ohne Selbst Samadhi geben?
Wie kann es mit Selbst Samadhi geben?
Wie können Sein und Nichtsein zu Samadhi führen?
Wie kann es, wenn alles eins ist, Samadhi geben?
Du bist reines Bewusstsein, entkörperlicht, ungeboren und unveränderlich.
Warum sagst du über dich ‚ich bin hier‘ oder ‚ich bin nicht hier‘?
Mit der Aussage ‚Das bist du – tat tvam asi‘ wird das Selbst beschrieben.
Mit der Aussage ‚nicht dieses, nicht jenes – neti neti‘ wird das Brahman beschreiben.
Das Selbst ist erfüllt vom Selbst, deshalb ist alles stets erfüllt von dir.
Es gibt weder den Meditierenden noch die Meditation.
Warum meditiert dein Geist beschämt?
Ich kenne das Höchste nicht.
Wie soll ich über Es sprechen?
Ich kenne das Höchste nicht.
Wie soll ich Es verehren?
Wenn ich das Höchste bin, wie soll ich dann über es sprechen und es verehren?
Das Ego ist nicht reines Bewusstsein.
Reines Bewusstsein ist frei von Ursache und Wirkung, frei von Überlagerung, frei von Unterscheidung zwischen Wahrnehmender und Wahrgenommenes.
Wie könnte das Ego seiner selbst gewahr sein?
Kein Stoff ist von Natur aus unendlich.
Kein Stoff ist von Natur aus wirklich.
Das Selbst ist die höchste Wirklichkeit.
Es ist weder zu verletzen, noch nicht zu verletzen.
Du bist reines Bewusstsein, ohne Körper, nie geboren, unvergänglich.
Warum täuschst du dich über dein Selbst?
Nochmals, warum täusche ich mich?
Wenn der Topf zerbricht geht der Raum, der in ihm war, in den endlosen Raum ein und wird undefinierbar.
Wenn der Körper stirbt, geht das Selbst in Brahman ein und wird ebenso undefinierbar.
Es gibt keinen Topf, es gibt keinen Raum, es gibt keine verkörperte Seele.
Es gibt nur Brahman, jenseits von Erkennendem und Erkanntem.
Erkenne Mich als dieses Selbst, das alles, überall und stets ist.
Erkenne Mich als bestehend und nicht bestehend.
Zweifle nicht.
Es gibt keine Veden, keine Welten, keine Götter, keine Opfer, keine Kasten,
keine Lebensabschnitte, keine Familie, keine Geburt, keinen hellen Pfad, keinen dunklen Pfad.
Es gibt nur die höchste Wirklichkeit, Brahman.
Wenn du frei bist von der Unterscheidung zwischen Durchdringender und Durchdrungener,
wenn du erfüllt bis von dem Einen, wie kannst du dich als durch die Sinne Wahrnehmbarer
oder jenseits des durch die Sinne Wahrnehmbaren sehen?
Einige suchen die Dualität, andere die Nichtdualität.
Sie kennen die ewige Wirklichkeit nicht, die stets dieselbe ist, in der es weder Dualität noch Nichtdualität gibt.
Wie können sie die Wirklichkeit beschreiben,
die frei von Name und Form, jenseits von Verstand und Worten ist?
Wenn du das erkannt hast bist du frei von ‚ich und das – das Selbst und Gott‘ und ‚ich und es, ich und die Welt‘.
Dann hast du wahrlich Brahman erkannt.
Mein Selbst ist nicht verschieden vom höchsten Selbst.
Wie kann es einen Meditierenden geben und eine Meditation?
Handeln, essen, opfern, geben – all das geht nicht von mir aus.
Ich bin makellos, ungeboren, ewig.
Wisse, das Universum ist formlos.
Wisse, das Universum ist keiner Veränderung unterworfen.
Wisse, das Universum ist makellos.
Wisse das Universum ist das Absolute.
Du bist die letztendliche Wirklichkeit, zweifle nicht.
Warum erscheint dir das Selbst, das erfahrbar ist, als unerfahrbar?
Wie kann es Illusion und keine Illusion geben, Schatten und keinen Schatten?
Alles ist die eine Wirklichkeit, makelloser Raum allein.
Frei bin ich, zu Anfang, in der Mitte und am Ende. Keine Bindung kenne ich.
Reines Bewusstsein bin ich.
Das Universum ist Brahman,
alles ist Brahman allein.
Wie könnte es Status und Lebensstadien geben?
Alles ist das Unteilbare Ich,
aus sich selber entstandene Fülle.
Die fünf Elemente sind nicht.
Das Selbst ist kein Eunuch, kein Mann, keine Frau.
Es ist weder Vorstellung noch Begrifflichkeit.
Es ist weder Freude noch Leid.
Das Selbst wird nicht geläutert durch Yoga.
Das Selbst wird nicht geläutert durch den ruhigen Geist.
Das Selbst wird nicht geläutert durch den Lehrer.
Das Selbst ist Wirklichkeit in sich.
Es gibt keinen aus den fünf Elementen bestehenden Körper.
Es gibt keine Entkörperung.
Alles ist das Selbst allein. Wie kann es neben den drei Ebenen des Seins eine vierte geben?
Ich bin ohne Bindung, ich bin nicht befreit.
Ich bin nicht verschieden von Brahman.
Ich bin nicht der Handelnde.
Ich bin frei von unterscheiden zwischen Durchdrungenem und Durchdringendem.
Wenn Wasser in Wasser gegossen wird, ist es nicht mehr zu unterscheiden.
Geist und Manifestation sind ebenso nicht zu unterscheiden.
Wenn du weder gebunden noch ungebunden bist,
wie kannst du dann über dich als gestaltet oder formlos sinnieren?
Deine unsichtbare Form ist wahrnehmbar – wie der Himmel.
Deine sichtbare Form ist eine Luftspiegelung – wie der Himmel.
Es gibt keinen Lehrer und keine Lehre.
Es gibt kein Handeln und kein Nichthandeln.
Ich bin makellos, homogen, körperlos – wie der Himmel.
Makellos bist du, frei von Körper bist du, dein Geist ist dem Höchsten gleich.
Traue dich zu sagen, ‚ich bin Brahman, die höchste Wirklichkeit‘.
Warum weinst du, mein Geist? Bist du, das Selbst, das Selbst aufgrund des Selbstes?
Trinke den Nektar der Einheit, alle Teilung zunichtemachend.
Es gibt weder Wissen noch Nichtwissen,
auch nicht Wissen mit Nichtwissen vermischt.
Wer weiß ist Wissen.
Anders kann es nicht sein.
Was nutzen Wissen, Beweisführung, Zeit, Raum, Lehre und Samadhi?
Ich bin reines Bewusstsein, wie der Himmel, spontan und stetig.
(Samadhi ist gleich Turiya, der höchste Erkenntniszustand.)
Ich bin ungeboren und frei von Tod.
Ich handle weder gut noch schlecht.
Ich bin Brahman, makellos, eigenschaftslos.
Wie könnte ich Bindung erfahren oder Befreiung finden?
Brahman durchdringt alles,
Brahman ist unveränderliche Fülle.
Brahman kennt kein Außen und kein Innen.
Das Universum erstrahlt ungeteilt, ganz.
Nur Maya, die Illusion, lässt es geteilt erscheinen.
Brahman ist nicht dieses und nicht jenes.
Es ist formlos und geformt.
Das Absolute allein ist, alle Unterscheidung nichtig machend.
Du hast keine Mutter, keinen Vater, keine Frau, keinen Sohn, keinen Freund und keine Verwandten.
Du kennst keine Vorliebe und keine Abneigung. Worunter leidest du?
Es gibt keinen Tag, keine Nacht, keinen Sonnenaufgang und keinen Sonnenuntergang.
Wie kann der Weise den verkörperten Zustand mit dem unverkörperten verwechseln?
Das Selbst ist nicht geteilt und nicht ungeteilt.
Das Selbst kennt keine Freude und kein Leid.
Wisse, das Selbst ist unveränderlich.
Ich bin nicht der Handelnde.
Ich handle nicht heute und handelte nicht gestern.
Ich bin nicht verkörpert und bin nicht körperlos.
Wie kann ich ein Ego haben oder kein Ego haben?
Ich kenne keine Leidenschaft,
ich kenne keine Sorgen.
Ich bin das Selbst, weit wie der Himmel.
Geist, mein Freund, zu was rede ich?
Geist, mein Freund, all das sind Mutmaßungen.
Ich habe über die Essenz zu dir gesprochen.
Du bist die Wirklichkeit, der Himmel.
Wo immer der Jnani stirbt, in welchem Zustand auch immer,
er löst sich auf, wird eins mit dem Himmel, wie der Raum des gebrochenen Kruges.
Ob er an einem heiligen Ort oder im Haus eines Diebes stirbt,
er wird eins mit dem Absoluten sobald er frei von seinem Körper ist.
Pflichten, Wohlstand, Liebe, Befreiung Bewegtes, Unbewegtes,
das alles sind für den Jnani Trugbilder.
Ich handelte nicht in der Vergangenheit, ich handle nicht im Heute,
ich werde nicht in der Zukunft handeln.
Das ist meine Erkenntnis.
Der Avadhuta lebt allein, ist frei von Emotionen,
ist glücklich an einsamen Orten.
Allem entsagt, zieht er nackt durch die Lande.
Er hat das Absolute in sich erkannt.
Wo weder drei Zustände sind noch ein vierter ist, da ist das Absolute zu erkennen.
Wie kann man gebunden oder befreit sein, wenn es doch weder Tugend noch Laster gibt?
Der Avadhuta kennt keine Mantren.
Durch Meditation und eins werden mit dem Höchsten ist er geläutert.
Es gibt keine Leere und keine Fülle, keine Wahrheit und keine Unwahrheit in den Schriften.
All dies sprach ich aus meiner wahren Natur heraus