Bankei – Das Lied vom ungeborenen Geist

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Geschichtlicher Hintergrund

Bankei wurde 1622 in einer Zeit tiefgreifender gesellschaftlicher Kontrolle geboren, als das Tokugawa-Shogunat Japan in die völlige Isolation führte. Inmitten dieser autoritären Ordnung lehrte Bankei einen Zen, der direkt aus der inneren Erfahrung schöpfte: einfach, radikal offen und für jedermann verständlich.

 

Seine Lehren, oft mündlich und ungeschönt, zielten auf das, was er den „ungeborenen Buddha-Geist“ nannte – eine ursprüngliche Klarheit, die jeder Mensch in sich trägt.

 

Obwohl er selbst keine Schriften hinterließ, bewahrten seine Schüler viele seiner Worte auf. So prägte Bankei eine neue Offenheit im Zen und wurde zur Inspirationsquelle für spätere Meister wie Hakuin, der seine Arbeit fortsetzte und das Rinzai-Zen reformierte.

Das Lied vom ungeborenen Geist

    Ungeboren und unvergänglich
    ist der ursprüngliche Geist
    Erde, Feuer, Wasser und Wind
    nur eine temporäre Absteige über Nacht.

     

    Angekettet an dieses
    vergängliche brennende Haus,
    entzündest du selbst das Feuer,
    nährst die Flammen, in denen du verbrennst.

     

    Kehre suchend um zu jener Zeit,
    als du geboren wurdest
    du kannst dich an nichts erinnern!

     

    Bewahre deinen Geist so
    wie er war als du in die Welt kamst
    und sogleich wird dieses dein Selbst
    zum lebenden Tathâgatâ.

     

    Ideen und Gedanken,
    was gut ist und was schlecht –
    sind alles nur Spuren
    deines eigenen Ich.

     

    Ein brennendes Feuer im Winter
    verbreitet Wohlgefühl;
    wenn der Sommer kommt
    ist es nur lästige Hitze.

     

    Und der Windhauch
    Den du im Sommer liebtest
    noch bevor der Herbst vergangen ist
    ist er schon lästig geworden
    Bist du zu Geld gekommen,
    verachtest du die Armen.
    Weißt du nicht mehr wie es war,
    als du selber arm warst?

     

    Das Geld, dein Leben lang gesammelt,
    aufgehäuft mit besessenem Geist,
    siehst du mit Abscheu und Schrecken
    von hungrigen Geistern umdrängt.

     

    Du wirfst dein ganzes Leben weg,
    opferst es der Gier nach Gold
    Doch wenn dein Leben zu Ende geht,
    ist dein ganzes Geld nutzlos.

     

    Festklammern, Verlangen und dergleichen damit habe ich nichts mehr im Sinn.
    Darum kann ich jetzt behaupten:
    Die ganze Welt ist wahrhaft mein!

     

    Deine Sehnsucht nach einem Liebespartner
    besteht nur in der Gegenwart
    sie existiert nur aufgrund der Vergangenheit, bevor er in dein Leben kam.

     

    Sich jemand ins Gedächtnis rufen
    heißt: nicht vergessen können.
    Niemanden zu erinnern heißt
    niemanden vergessen haben.

     

    Blick in die Vergangenheit und siehe,
    sie ist nur ein Abendtraum.
    Erkenne dies und du kannst sehen,
    dass alles nur eine Lüge ist.
    Wer sich verbittern lässt vom Leben
    in dieser treibenden Welt voll Sorgen,
    quält sich selbst, verstört seinen Geist
    und brütet dumpf über leeren Träumen.

     

    Da dieser treibenden Welt
    letztlich keine Wirklichkeit zukommt –
    statt deinen Geist an Dinge zu hängen,
    geh und singe!

     

    Nur der ursprüngliche Geist existiert
    In der Vergangenheit und auch in der Zukunft
    Anstatt an Dingen in deinem Geist
    festzuhalten, lass sie los!

     

    Wenn du nicht an Dingen hängst,
    wird die treibende Welt vergehen.
    Nichts bleibt übrig, leeres Nichts –
    das zeichnet einen lebenden Tathagata aus.

     

    Du selber hast diesen dämonischen Verstand erschaffen
    wenn er dich gnadenlos plagt – trägst du allein die Schuld und niemand sonst!

     

    Handelst du falsch,
    Ist dein Verstand der Dämon.
    Du wirst keine Hölle finden
    außer in dir selbst.

     

    Die Hölle verabscheuen,
    den Himmel ersehnen –
    so erschaffst du dir Leiden
    in einer freudvollen Welt.

     

    Du denkst Gut bedeutet,
    das Böse hassen.
    Doch böse ist nur
    der hassende Geist.

     

    Gutes, sagst du,
    heiße Gutes zu tun,
    doch schlecht ist in der Tat der Geist,
    der dieses denkt!

     

    Gut und Böse zusammen
    rolle zu einer Kugel.
    Wickle sie in Papier
    wirf sie weg und vergiss sie.

     

    Geheimnisse und Wunder
    So etwas gibt es nicht
    Doch wenn du es nicht verstehst,
    ist die Welt voller seltsamer Ereignisse
    Es ist die Illusion,
    die dich verwirrt
    und dich die falsche Welt
    für wirklich halten lässt.

     

    Ruhm, Reichtum, Essen und Trinken, Schlaf, sinnliche Freuden –
    sobald du die fünf Begierden kennst,
    werden sie zum Führer in deinem Leben.

     

    Vorstellungen davon, was man tun sollte
    existieren nicht von Anbeginn
    der Konflikt zwischen richtig und falsch
    ist das Werk des Ich.

     

    Hast du die Lehre der Buddhas erfasst,
    wirst du erkennen, dass du nichts Neues gewonnen hast.

     

    Erleuchtung und Verblendung
    existieren nicht von Anbeginn
    Es sind Ideen, die du aufgeschnappt hast
    die deine Eltern dir nie beigebracht haben.

     

    Wenn du denkst, der Geist,
    der Erleuchtung erlangt, ist „meiner“
    kämpfen in dir nur Gedanken miteinander.

     

    Ich kümmere mich nicht mehr darum,
    die ganze Zeit erleuchtet zu sein.
    Daher kommt es, dass ich morgens ausgeschlafen aufwache.

     

    Beten um Heil in kommenden Welten,
    beten für deine egoistischen Ziele,
    häuft nur immer mehr
    Ichbezogenheit und Arroganz an.

     

    Mittlerweile bin ich es auch leid,
    um Erlösung zu beten.
    Ich gehe einfach entspannt weiter
    lasse den Atem kommen und gehen.

     

    Stirb – und dann lebe
    Tag und Nacht inmitten der Welt.
    Hast du dies vollendet, kannst du
    du die ganze Welt in der Hand halten.

     

    Die Buddhas tun mir leid:
    mit all ihrem Schmuck,
    wie müssen sie geblendet sein
    von diesem Glanz!

     

    Es ist noch zu früh für dich,
    ein Buddha im Tempelschrein zu sein,
    sie lieber ein Deva-König
    der draußen vor dem Tor steht.

     

    Wenn du nach dem reinen Land suchst,
    weil du auf deinen eigenen Vorteil aus bist,
    wirst du nur feststellen,
    dass der Buddha dich verachtet!

     

    Die Leute haben keine Feinde,
    nicht einen direkt von Anbeginn
    Du schaffst sie alle selber
    im Kampf um richtig und falsch.

     

    Ursache und Wirkung sind klar erkennbar.
    Du bist verblendet und erkennst es nicht.
    Du allein hast dir das angetan.
    Das ist deine Ichbezogenheit.

     

    Angepasst an die konditionierte Welt
    Angepasst an die Welt der Vergänglichkeit
    Wenn du dich selber so täuschst
    bist nur du der Verlierer!

     

    Der nicht-konditionierte Geist
    ist ursprünglich ungeboren.
    was bedingt ist hat kein Sein,
    darum gibt es keine Verblendung.

     

    Mögen die Jahre vergehen,
    der Geist selber kann niemals altern.
    der Geist, der immer gleich ist.

     

    Beispiellos, wunderbar!
    Wenn du gesucht und endlich den gefunden hast, der niemals altert
    – „Ich allein!“

     

    Das reine Land,
    in dem man friedvoll wandelt
    Ist hier und jetzt, es ist nicht fern
    Millionen und Abermillionen Meilen entfernt.

     

    Wenn dir jemand eine Teeschale zuwirft – Fang sie!
    Fang sie geschickt mit weicher Baumwolle,
    der Baumwolle deines geschickten Geistes!